Das Leuchten des Meeres II: Biofluoreszenz

Unter der schimmernden Oberfläche des Ozeans verbirgt sich ein Spektakel, das die Fantasie anregt und unsere Neugierde weckt: die Biofluoreszenz. Dieses faszinierende Phänomen wird oft mit seinem nahen Verwandten, der Biolumineszenz, verwechselt und zeigt sich ebenfalls mit einer Palette von leuchtenden Farben unter den Wellen. In diesem Artikel möchten wir tiefer in die Welt des Leuchtens eintauchen und beschäftigen uns mit der biologischen Funktion der fluoreszierenden Farben im Meer.

Biofluoreszenz und Biolumineszenz: ähnlich und doch verschieden

Über das Phänomen der Biolumineszenz haben wir bereits ausführlich in einem anderen Oceanblog-Artikel berichtet. Obwohl sowohl durch die Biofluoreszenz als auch durch die Biolumineszenz Licht von lebenden Organismen abgebeben wird, handelt es sich um grundlegend unterschiedliche Prozesse. Denn während bei der Biolumineszenz die betreffenden Organismen das Licht durch biochemische Prozesse erzeugen, wird bei der Biofluoreszenz lediglich Licht oder UV-Strahlung einer bestimmten Wellenlänge absorbiert und mit einer anderen Wellenlänge wieder emittiert, was zu einem Leuchten in auffälligen Farben führen kann.

Während die Biolumineszenz gerade im tieferen und damit dunklen Ozean als Lock- oder Warnsignal für Partner, Beute oder Raubtiere dient, tritt die Biofluoreszenz vermehrt auch in küstennahen und geringeren Wassertiefen auf. Denn wenn Meeresorganismen Licht durch Biofluoreszenz in leuchtenden Grün-, Blau-, Rot- und Orangetönen wieder ausstrahlen sollen, muss die dafür nötige Energie zuvor als Licht- oder UV-Strahlung von der Sonne aufgenommen worden sein. Für die Biolumineszenz hingegen ist dies nicht nötig: Sie entsteht aus biochemischen Prozessen im Organismus selbst.

Die Wunder der Biofluoreszenz

Biofluoreszenz tritt bei vielen Meerestieren wie Korallen, Fischen, Quallen, Haien und anderen wirbellosen Tieren auf und offenbart eine bisher verborgene Dimension des Meereslebens. Warum diese Organismen jedoch fluoreszieren, ist immer noch Gegenstand eines sehr aktiven Forschungsgebietes. Fest steht: Da sich das Leuchten, ähnlich wie bei der Biolumineszenz, in so vielen verschiedenen Organismen durchgesetzt hat, scheint sich aus der Biofluoreszenz ein evolutionärer Vorteil gegenüber nicht-leuchtenden Arten zu ergeben. Es könnte also auf vielfältige Art und Weise dem Überleben der Art dienen. Wissenschaftler spekulieren zum Beispiel, dass sie als eine Form der Kommunikation, zum Anlocken von Beutetieren oder potenziellen Partnern dienen könnte; insbesondere dort, wo sonst nur noch sehr energiereiches blaues oder ultraviolettes Licht die Wassersäule durchdringt und andere Farben des sichtbaren Spektrums geschluckt werden.

Die Katzenhaiarten Scyliorhinus retifer und Cephaloscyllium ventriosum sind beispielsweise in der Lage, blaues Licht in ein leuchtendes Grün umzuwandeln. Außerdem scheinen Männchen und Weibchen unterschiedliche fluoreszierende Muster aufzuweisen. In einer Welt, die sonst in ein dunkles Blau gehüllt ist, fallen den Haien potenzielle Partner also sofort ins Auge [1].

Der fluoreszierende Schwellhai Cephaloscyllium ventriosum zeigt ein fluoreszentes Muster, das Artgenossen in der Dunkelheit gut erkennen; aus Gruber et al. (2016), [1].

Bei Flachwasserkorallen in küstennahen Bereichen hingegen scheint es sich um einen Schutzmechanismus zu handeln. Damit diese in den klaren und flachen Wassern der Tropen durch die Sonnenstrahlung nicht geschädigt werden, wird die UV-Strahlung einfach durch biofluoreszente Proteine im Exoskelett absorbiert und die Energie durch sichtbares Licht wieder abgegeben [2]. Das Leuchten der Korallen ist also ein lebenswichtiger Mechanismus, der Schäden und Verbrennungen am Korallengewebe verhindert. Dieses faszinierende Schauspiel scheint insbesondere dann einzutreten, wenn die Korallen und die in ihnen wohnenden symbiotischen Mikroalgen ohnehin gestresst sind. (Wir berichteten im Oceanblog bereits über dramatische Korallenbleichen durch immer höhere Wassertemperaturen infolge des Klimawandels, bei denen die Korallen ebenfalls stark zu fluoreszieren beginnen, bevor sie absterben).

Doch auch bei Fischen ist die Biofluoreszenz weit verbreitet. Die Autoren einer 2014 veröffentlichten Studie identifizierten über 180 verschiedene fluoreszierende Fischarten. Gerade Fische in Korallenriffen zeigen dabei eine beeindruckende Vielfalt an biofluoreszenten Mustern, die höchstwahrscheinlich ebenfalls zur Erkennung von Artgenossen, aber auch zur Tarnung in den Korallenriffen dienen [3].

(A) Ein rot fluoreszierender Skorpionfisch und (B) eine grün fluoreszierende Brasse in ihrem natürlichen Lebensraum, aufgenommen mit einer Red Epic-Videokamera bei Nacht auf den Salomon-Inseln. Die Rifffische sind in den ebenfalls fluoreszierenden Algen für Fressfeinde kaum zu erkennen. Aus Sparks et al. (2014), [3].

Die Biofluoreszenz im Meer ist also nicht nur ein faszinierendes Spektakel, welches das Meer im wahrsten Sinne des Wortes in neuem Licht erstrahlen lässt, sondern auch aus biologischer Sicht hochinteressant. Wir verfolgen gespannt, was die Forschung in den nächsten Jahren noch zu Tage fördert und werden im Oceanblog weiter darüber berichten.

 

Referenzen und Bildquellen:

[1] Gruber, David F.; Loew, Ellis R.; Deheyn, Dimitri D.; Akkaynak, Derya; Gaffney, Jean P.; Smith, W. Leo et al. (2016): Biofluorescence in Catsharks (Scyliorhinidae): Fundamental Description and Relevance for Elasmobranch Visual Ecology. In: Scientific reports 6, S. 24751. DOI: 10.1038/srep24751.

[2] Reef, Ruth; Kaniewska, Paulina; Hoegh-Guldberg, Ove (2009): Coral Skeletons Defend against Ultraviolet Radiation. In: PLoS ONE 4 (11). DOI: 10.1371/journal.pone.0007995.

[3] Sparks, John S.; Schelly, Robert C.; Smith, W. Leo; Davis, Matthew P.; Tchernov, Dan; Pieribone, Vincent A.; Gruber, David F. (2014): The covert world of fish biofluorescence: a phylogenetically widespread and phenotypically variable phenomenon. In: PLoS ONE 9 (1), e83259. DOI: 10.1371/journal.pone.0083259.

Titelbild von Ramona Osche aus der Ocean Image Bank (https://www.theoceanagency.org)

 

 

 

 

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