Korallenbleiche – wie mit den Korallen ganze Ökosysteme sterben.

Für Taucher wirken Korallenriffe wie eine andere Welt, artenreich, farbenfroh, uralt und wunderschön. Doch diese komplexen und sensiblen Ökosysteme stehen vor großen Bedrohungen durch uns Menschen.

Koralle – Tier, Pflanze oder Stein?

Die Koralle sieht aus wie eine Mischung aus Stein und Pflanze, ist aber ein Tier. Sie gehört zum Stamm der Nesseltiere, zu denen auch die Quallen und Seeanemonen zählen. Die eigentliche Koralle ist ein sogenannter Polyp, dessen Körper einem Zylinder ähnelt. Am oberen Ende besitzt ihr hohler Körper Tentakel, die zur Nahrungsaufnahme dienen. Die Wissenschaft unterscheidet zwischen Stein- und Weichkorallen. Die Steinkoralle bildet, im Gegensatz zur Weichkoralle, ein äußeres Skelett aus Kalk. Daher gehört sie zu den riffbildenden Korallen. Diese Korallen leben in riesigen Kolonien zusammen. So entstehen mit der Zeit die größten je von Lebewesen geschaffenen Strukturen.

Warum sind Korallen bunt?

Riffbildende Korallen leben endosymbiotisch mit Zooxanthellen zusammen. Diese Mikroalgen siedeln sich in der äußeren Zellschicht der Koralle an und verleihen ihr die farbenprächtige Erscheinung. Beide Organismen sichern das gegenseitige Überleben, indem sie wichtige Nährstoffe austauschen. Gemeinsam mit dem ausgeschiedenen Kohlendioxid der Koralle und Sonnenstrahlen betreiben die einzelligen Algen Photosynthese. So wird die Koralle mit lebenswichtigen Stoffen wie Glycerin, Zucker und verschiedenen Aminosäuren versorgt.

Wo leben Korallen?

Die Abhängigkeit vom Sonnenlicht und die geringe Verträglichkeit gegenüber kalten und zu warmen Temperaturen schränken den Lebensraum der Korallen stark ein. Die optimalen Bedingungen finden tropische Korallen in der lichtdurchfluteten oberen Wassersäule zwischen 0-5 Metern, bei konstanten Temperaturen zwischen 25 °C und 30 °C. Bei Wassertemperaturen unterhalb von 18 °C und oberhalb von 30 °C, ist für die meisten Korallenarten das Überleben über einen längeren Zeitraum kaum möglich. So zieht sich der Lebensraum dieser extrem sensiblen Tiere im Bereich zwischen dem 30° nördlichen und 30° südlichen Breitengrad entlang des Äquators. So ist es nicht erstaunlich, dass die weltweite Temperaturerhöhung einen negativen Einfluss auf das Korallenwachstum hat. Dieses Phänomen nennt sich Korallenbleiche.

Naturkatastrophe: Korallenbleiche

Der Begriff Korallenbleiche bezeichnet das Ausbleichen der Korallenstöcke und das anschließende Absterben der Polypen. Bei langanhaltenden hohen Wassertemperaturen stößt die Koralle ihre Zooxanthellen ab und verliert ihre Farbe. Sie bleicht aus. Durch das Zerstören der Symbiose fehlen der Koralle lebenswichtige Nährstoffe. Dieses Nährstoffdefizit auszugleichen, ist für den Polypen allein nicht möglich. So stirbt er einige Zeit nach dem Erbleichen.

Dieses Phänomen trat in den letzten Jahren weltweit in immer kürzeren Abständen auf. Kam es um die 1980er noch alle 25 bis 30 Jahre zu solch einer Naturkatastrophe, treten sie heute im Schnitt alle sechs Jahre auf. Am weltberühmten Great Barrier Reef an der Nord-Ostküste Australiens, das eine Gesamtfläche von 348.000 km2 hat, starben im Jahr 2016 schätzungsweise ca. 30 Prozent der dort lebenden Korallen. Aber nicht nur die global steigenden Temperaturen bedrohen die Korallenriffe dieser Welt. Starke Stürme, stetige Belastung durch Touristen, Senkung des pH-Wertes durch CO2-Erhöhung und der enorme Eintrag von mineralischen und chemischen Filtern durch Sonnencremes stellen ebenso große Gefahren für diese einzigartigen Lebensräume dar.

Was ist der pH-Wert und welchen Einfluss hat er auf das Leben im Meer?

Der pH-Wert gibt in einer Skala von 0-14 den Säureanteil in einer Flüssigkeit an. Bei einem pH-Wert von 7 gilt eine Flüssigkeit als neutral. Die Meere und Ozeane sind mit einem pH-Wert von 7,5 bis 8,5 leicht basisch. Die massive Freisetzung von Kohlendioxid in der Atmosphäre hat nicht nur Einfluss auf unsere Luft sondern auch auf den pH-Wert der Meere. Kohlendioxid wird im Wasser gelöst. Die daraus entstehende Kohlensäure lässt den pH-Wert sinken. Die Ozeane werden saurer.

Darunter leiden riffbildende Korallen. Die ausgeblichenen Korallenriffe bestehen aus unzähligen Kalkskeletten, deren Polypen abgestorben sind. Sie bilden die Basis für die Ansiedelung neuer Korallen, die wiederum ihre eigenen Kalkskelete bauen. Mit dem Verschwinden lebensfähiger Polypen, siedeln sich immer weniger Kolonien an. Gleichzeitig werden die Kalkstrukturen durch den erhöhten Säureanteil im Wasser langsam aufgelöst.

Wie herkömmliche Sonnencreme ganze Ökosysteme zerstört.

Dass Sonnencreme nachweislich einen negativen Einfluss auf das Leben im Meer hat, liegt an den darin enthaltenen mineralischen und chemischen Filtern. Die chemischen Filter Octinoxat und Oxybenzon schädigen unsere Hautzellen und können Auslöser für Allergien sein. Zudem bringen sie unseren Hormonhaushalt gewaltig durcheinander. Aber vor allem unsere Meere leiden unter den chemischen Filtern. Laut australischen Studien führen die chemischen Filter zu Virusinfektionen bei in Steinkorallen symbiontisch lebenden Algen. Als mineralische Filter, wie sie in Naturkosmetikprodukten verwendet werden, kommen zunehmend Nanopartikel wie Titandioxid zum Einsatz. Diese sind nicht nur für den Menschen risikoreich. Es wurde auch gezeigt, dass sie Wasserstoffperoxid bilden und dies schädigt das Plankton im Meer. Organismen wie die Korallen nehmen diese Stoffe über ihre Nahrung auf und erleiden immensen Schaden. Erbgutschäden bei Fischen und Korallen sind mögliche Folgen. Die logische Konsequenz sollte also eine Sonnencreme auf natürlicher Basis sein.

Pro Jahr gelangen Schätzungen zufolge rund 14.000 Tonnen Sonnencreme in die Meere. Deshalb entstehen vielerorts entsprechende Verbote, die das Nutzen von Produkten mit besagten Inhaltsstoffen verhindern sollen. Das dafür wohl prominenteste Beispiel ist der US-Bundesstaat Hawaii. Hawaii hat aufgrund des extrem starken Tourismus besonders mit diesen Chemikalien zu kämpfen. Das Verbot meeresschädlicher Sonnencreme tritt dort am 01.01.2021 in Kraft und soll das heimische Ökosystem entlasten.

Korallenriffe sind gemeinsam mit den Regenwäldern die artenreichsten Lebensräume dieser Erde. Sie sind Oasen im Meer – die größten je von Lebewesen geschaffenen Strukturen. Sie sind Heimat unzähliger wunderschöner Tiere. Wissenschaftler gehen davon aus, dass 25 % aller existierenden Fischarten des Meeres in Korallenriffen leben. Sie sind Lebensgrundlage für Millionen Menschen. Sie sind ein Wunder unserer Welt. Sie sind es wert, erhalten zu werden.

2 Kommentare
  1. Martina Schmid
    Martina Schmid sagte:

    Gut recherchiert uns zusammengetragen, sehr aufschlussreich, danke ! Auch hier in bali und lombok findet die korallenbleiche statt. Sogar auf gili nangu müssen korallen mit stahlrohrträgern wieder angesiedelt werden, die Farben sind spärlich…. echt dramatisch und so schade !!
    Wenn du sagst, es passiert in Wellen, frage : erholt sich Riff auch wieder ??
    Liebe grüße !!

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    • Rafael Meichßner
      Rafael Meichßner sagte:

      Tatsächlich gibt es sich erholende Riffe, allerdings brauchen die sehr lange um sich zu erholen. Eines der wenigen Riffe, das sich wieder erholt hat, ist z. B. auf den Malediven. Innerhalb von 2 Jahren hat sich die Korallenbedeckung von 40 % nach dem Bleaching Event auf 51 % erhöht [Baker et al. 2008]. Das Problem daran ist, das die Bleaching Events in den letzten Jahren in immer kürzeren Abständen geschehen und die Korallen dadurch zu wenig Zeit haben um sich zu erholen, weshalb die Abdeckung von lebendigen Korallenriffen immer mehr zurückgeht [van Woesik et al. 2022, Mumby et al. 2021].

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